Mittwoch, 27. Februar 2019 von Torsten Behncke
Geschichte & Natur
DIE HASELNUSS
„Regen am Johannistag (24. Juni), noch 40 Tage bleiben mag. Ein trockener Johannistag bringt einen schönen Sommer und reiche Haselnussernte, aber reiche Haselnussernte bringt einen strengen Winter.“ Im Volksglauben hebt die Haselnuss die Fruchtbarkeit des Mannes und die Aufnahmefähigkeit der Frau. Junge Paare ohne Hüsung vergnügten sich unter Haselbüschen. So ist auch in der bekannten Redewendung „Denn, wo ein Wille ist, da ist auch ein Busch“ der Haselnussstrauch gemeint.
In den Gegenden, wo es Brauch war, den jungen Mädchen von ihrem Burschen am 1. Mai ein Birkenbäumchen vor das Kammerfenster zu stellen, schlug für die Damen, die zu leicht in die Haseln zu verführen waren, die Stunde der Wahrheit. Denn stand ein Haselnussstrauch anstelle des Birkenmaiens vor dem Fenster, waren sie dem Spott preisgegeben.
Selbst die heilige Hildegard von Bingen schimpfte „Der Haselnussbaum ist ein Sinnbild der Wollust, zu Heilzwecken taugt er kaum.“
Dieses vernichtende Urteil der heiligen Hildegard (1098 – 1179) wirkt bis in unsere Tage, bis heute den Ausschluss der Haselnuss aus den heilkundigen Bemühungen nach sich zog.
Die blutstillende, gefäßverengende und astringierende Wirkung galt den Altvorderen als ein probates Mittel gegen Bettnässen. Nur 12 Nüsse am Abend und das Problem ist perdue. Die Kalorienbombe Haselnuss mit 690 Kcal/100 Gramm hat jedoch ein enormes Frustrationsbekämpfungspotential und fördert nebenher gepaart mit Kakao als haselnusshaltiger Brotaufstrich und Haselnussschokolade die Hüftvergoldung. Daneben legte die große Keimkraft der Nüsse den Schluss nahe, dass sie als Teil der vorzeitigen Reproduktionsmedizin eine Runderneuerung der Spermien und Eier darstellt. Mit Nüssen gefüllte Körbe unter dem Ehebett führen mit höherer Sicherheit zur Schwangerschaft. Der hohe Mangangehalt soll die Testesteronbildung fördern.
Historie
Die Haselnuss Corylus avellana ist ein Birkengewächs, dessen Familienname Corylaceae sich aus dem griechischen Wort „corylus“ für Hut oder Helm und dem daraus entstandenen lateinischen Namen der Haselnuss herleitet. Avellane bezieht sich auf den Namen der in Kampanien,einer süditalienischen Region um den Vesuv, gelegene antiken Kleinstadt Abella, die heute Avella heißt. Kampanien war früher ein eigener Staat und wurde schon 73 v.Chr. eine der ersten Kolonien Roms. Die Gegend zeichnete sich durch mildes Klima und die durch die Vulkanasche fruchtbaren Böden aus und wurde schon lange vor Christi Geburt der Gemüsegarten Roms. Damals wie heute ist es das Hauptanbaugebiet der Haselnüsse. Nördlich der Alpen erschien der Hasel in der nacheiszeitlichen Warmzeit, der Steinzeit vor rund 8.000 Jahren. Von den Alpen ausgehend verbreitete sie sich bis Südskandinavien. Heute dehnt sich ihr Verbreitungsgebiet von dort über Mitteleuropa bis Südeuropa und Kleinasien aus. Sie bevorzugt warme Gebiete, kräftige Böden und ist relativ feuchtigkeitstolerant. So frosthart sie auch ist, Spätfröste führen zum Totalausfall. Diesem Umstand geschuldet, kommt sie eher ozeanisch als kontinental vor. Darüber ist sie sehr schattentolerant und wegen des weiten Wurzelsystems sehr windbeständig und damit ein hervorragender Bodenbefestiger. Allerdings tragen Schattenpflanzen zumeist keine Früchte. Nicht zuletzt ist er aber auch eine alte Kulturpflanze, die schon bei Tacitus um 97 n.Chr. Erwähnung findet.
Die große Bedeutung des Hasels für unsere Altvorderen lässt sich angesichts der schweren Lebensverhältnisse erahnen. Vier bis fünf Hände ergeben den Tageskalorienbedarf. So stand die Hasel unter dem direkten Schutz des Gottes Donar oder Thor, des in allen Mythologien Herrn über Blitz und Donner und durfte nicht gefällt werden. Bei diesem Paten darf unter ihr getrost Schutz vor Regen gesucht werden, weil der Blitz nicht in sie einschlägt, Was bei einem vier bis fünf Meter hohen Busch am Waldessaum auch eher nicht zu erwarten ist.
Biologie
Eigentlich blüht die Haselnuss Ende Februar bis Ende März und stellt damit eine der wichtigen Frühjahrstrachten für die Honigbiene dar. In 2019 aber öffneten sich die auffälligen, schon im Herbst angelegten männlichen Kätzchen ab dem 15. Januar für die Windbestäubung und eröffneten so die Allergiesaison. Wenigstens die Bienen aber schliefen zu dieser Zeit noch fest. Die Frucht der Haselnuss ist eine einsamige Nuss, die in einem Becher (Cupula) sitzt und deren Spitze unbedeckt ist. Alle anderen Formen sind Kulturformen und deren diversen Hybridisierungen. Die vegetative Vermehrung findet durch wilde Ausläufer und horizontale Absenker statt. Die Verbreitung übernehmen Eichhörnchen und Häher realisiert.
Wirtschaft
Die für den Erwerbsanbau sind verschiedenen Kulturformen mit beeindruckenden Namen wie Bollwiller, Cosford, Zeller-oder Lambertnuss, die rotblättrige Zellernuss, Lambert Filbert und Impérratrice Eugénie, Bors Spanische, hölländische Hasel, Mandelnuss, Büschel- und Bluthasel heraus gezüchtet worden. Weltweit werden zwischen 400.000 bis 650.000 Tonnen geerntet mit über 60 % ist die Türkei der Hauptproduzent, es folgen mit 20 % Italien, dann Spanien, Frankreich und die USA. In Deutschland wird sie neuerdings in Warmlagen als Nischenprodukt angebaut und zumeist selbst verarbeitet und vermarktet. Geerntet werden die reifen braun verfärbten Nüsse vom August bis in den Oktober. Neben den obigen Produkten hat das nicht trocknende Haselöl eine vielseitige Verwendung. Insbesondere die Kosmetik nutzt seine Eigenschaft aromatische Essenzen zu binden und zu konservieren. Leider wird das in der Küche geschätzte gutschmeckende Öl schnell ranzig, was seine Brauchbarkeit einschränkt.
Verwendung des Holzes
Der wirtschaftliche Wert des Holzes liegt zumeist in unserer Vergangenheit und stellt eigentlich immer die zweite Wahl dar. Aus den stärkeren Teilen wurden Armbrustbögen, aber auch feine Tischler- und Einlegearbeiten hergestellt. Aus den schwächeren, biegsamen und dennoch festen Ruten wurden Pfeilschäfte, Speere, Flechtzäune und Flechtwerk im Gefach der Lehmhäuser. Auch Korbflechter nutzten sie für feine Körbe und Behälter, wie Stockmacher für Spazierstöcke. Die Schäfer fertigten daraus ihre Schäferstöcke. Für Werkzeugmacher gaben sie Werkzeug- und Messerstiele. Als feine Köhlerware wurde die Kohle aus Haselnussholz als Zeichenkohle genutzt. Mit natürlichen Gabeln aus Haselholz ließ sich trefflich nach Wasser suchen. Dann natürlich Peitschenstiele und wenn etwas gezüchtigt oder verhärtete Gemüter erweicht werden mussten, galt der Griff „nach der harten, guten, schlanken, schwanken Haselruten“ so Wilhelm Busch als Mittel der Wahl.
Der Hasel und das Bier
Wenn, was auch immer gebraut oder vergoren wurde als trübe Plürre auf das Trinken wartete, wurde ihm Haselspäne als Klär- und Bindemittel zugesetzt und das Produkt durch Siebböden aus Hasel geklärt. Dies freilich lange vor den Zeiten des Deutschen Reinheitsgebotes. So wurde auch bei der Essigherstellung verfahren.