Leserbrief zum Gespräch mit Herrn Schirow

Mittwoch, 4. Dezember 2019

Politik & Wirtschaft

Leserbrief - die letzte Sitzung des ZK der SED

Sehr geehrte Frau Naumann,
in der Ausgabe Dezember 2019 veröffentlichten Sie auf Seite 12 ein Gespräch mit Herrn Schirow. Da gibt Herr Schirow u.a. an, über ein Tondokument von der letzten Sitzung des ZK der SED zu verfügen. Auf der Tagung soll, so Herr Schirow, Bernhard Quandt sinngemäß gesagt haben: wir, das ZK haben 1981 die Todesstrafe abgeschafft. Die Aussage von Herrn Schirow ist nicht korrekt.
 
Bernhard Quandt sagte auf der Tagung des ZK der SED am 03.12.1989: „Das Zentralkomitee muss so stark sein, dass aus ihrer Mitte, ein neues Politbüro entsteht das mit der Verbrecherbande des alten Politbüro, entschuldigt Genossen, nichts zu tun hat! … Ich bin dafür, Gen. Erich Honecker und Gen. Egon Krenz, wir haben im Staatsrat die Todesstrafe aufgehoben, ich bin dafür, dass wir sie wieder einführen und dass wir die alle standrechtlich erschießen, die unsere Partei in eine solche Schmach gebracht haben, … und wir stehen als Zentralkomitee einer solchen Verbrecherbande als Gefolgschaft hintereinander.“ Bernhard Quandt sprach vom Platz, er legte keine Waffe auf das Rednerpult. Sehr geehrte Frau Naumann, den Beitrag von Bernhard Quandt, können Sie gerne bei mir einsehen.
 
Die Bodenreform war eine Entscheidung der 4 Siegermächte, die sie auf der Außenministerkonferenz 1947 bekräftigten. Mit ihr wurden Großgrundbesitzer, deren Söhne die Elite der Offizierskorps von SS, Wehrmacht und diplomatischen Korps bildeten, entmachtet. So, Georg-Henning Graf von Bassewitz-Behr, SS-Gruppenführer, Generalleutnant der Waffen-SS und Polizei, Gut Schwiessel. Die Bodenreform beseitigte Jahrhunderte Unrecht. Alle Parteien stimmten ihr zu. Die mecklenburgische Landeskirche unterstützte sie, u.a. mit einem Hirtenbrief vom 18. Oktober 1945, in dem es hieß: “Auch wollen wir uns der großen Verantwortung bewusst sein, die uns gegeben ist …“
 
In Mecklenburg-Vorpommern verdoppelte sich fast die Einwohnerzahl durch Umsiedler. 30.000 elternlose Kinder gab es. Hunger und Seuchen grassierten. In Kronskamp in der Nähe des Luftwaffengeschwaders 73 „Steinhoff“ entstand 1945 ein Massengrab mit 2000 Verhungerten und Typhustoten. Im einstigen Kreis Güstrow wurden 164 Güter und 7 Bauernhöfe an Umsiedler, landarme Bauern und Landlose aufgeteilt. Es entstanden 5406 Siedlerstellen.
 
Herr Schirow sagt, dass Klaus Sorgenicht an 2 Todesurteilen gegen Bauern mitwirkte, die sich angeblich der Bodenreform widersetzten. 1954 war die Bodenreform längst durchgeführt. Am 25.01.1962 wurde ein Landarbeiter hingerichtet, den das Bezirksgericht Frankfurt/Oder wegen schwerer Brandstiftung zum Tode verurteilt hatte.
 
Quandt und Warnke (kämpften gegen den Kapp-Putsch) durchlitten die KZ Höllen in Dachau und Sachsenhausen sowie Zuchthäuser. Klaus Sorgenicht kämpfte an der Seite der Sowjetarmee gegen den Faschismus. Nach der Niederlage des Hitlerregimes standen sie an der Spitze des antifaschistischen Neuanfangs.Offenbar sollten Bernhard Quandt, Klaus Sorgenicht und Johannes Warnke die Ehrenbürgerschaft verlieren, weil sie Kommunisten und Verantwortungsträger in der DDR waren. Dr. theol. Wilhelm Gasse, Oberkirchenrat und Landessuperintendent der ev.-luth. Landeskirche Mecklenburg i. R. sagte: „Mir liegt sehr am Herzen, dass Bernhard Quandt nicht nur nicht verteufelt – was ja jetzt versucht wird -, sondern dass sein Andenken so anerkannt wird, wie er es durchaus verdient.“
 
Für die bevorstehenden Festtage viel Freude
Wilfried Schubert, VVN-BdA Basisgruppe Güstrow

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