Tag zwei

Frauke Naumann Donnerstag, 19. März 2020 von Frauke Naumann

Stadt & Land

Tag zwei

Bitte laut klopfen steht auch an der Tür der inselliebe in der Domstraße. Während gestern noch Kunden dieses Angebot nutzten, ist es am Tag zwei noch stiller geworden. „Ich habe unsere Osterkarten extra vor die Tür gestellt, damit die Kunden sie sich dort in Ruhe ohne Angst vor menschlichem Kontakt anschauen können. Wir beobachten aber, dass die meisten sich scheuen, sie anzufassen“, so Katharina Kaden, Inhaberin des beliebten Geschäftes. „Güstrow ist klein. In einer Großstadt wäre das Kaufverhalten sicher anders“, schätzt sie ein. Auch für Katharina Kaden und ihr Team kam alles plötzlich. „Gestern verfiel ich regelrecht in eine Schockstarre. Es ist alles so unfassbar. Von heute auf morgen ist nichts mehr wie es einmal war.“ In dem gemütlichen Laden, in dem sonst immer Trubel herrscht, trinken wir ungestört Tee und tauschen uns aus. Dem Geschäftigsein, immer in Bewegung folgt nun Ruhe. Allerdings eine aufgezwungene und nicht wirklich tiefgehende. „Die Emotionen zu verarbeiten ist anstrengender als zu arbeiten. Ich fühle mich müde und erschöpft. Mehr als nach einem arbeitsreichen Tag“, sagt sie.

Eine Frage beschäftigt uns wohl alle: wie lange wird es so sein. Und, wie wird es sein, wenn das normale Leben wieder beginnen kann? „Nach dem Schock kommt eine Zeit der Besinnung. Corona ist so einschneidend in unserem Leben, dass ich glaube es wird sich nach der Krise etwas verändern. Ich hoffe, wir besinnen uns. Wir achten wieder mehr auf regionale Produkte und auf das Wesentliche. Weniger wird mehr sein. Auch die inselliebe wird sich verändern. Dann hätte alles wenigstens einen Sinn gehabt“, hofft Katharina Kaden. Viele Gespräche, die ich in diesen Tagen mit Unternehmerinnen und Unternehmern geführt habe, laufen immer wieder darauf hinaus. Raus geschleudert aus dem täglichen Hamsterrad beginnen viele sich zu hinterfragen, soll es so weitergehen und was wird sich verändern?

Bei allen Versuchen positiv zu denken, schleicht sich aber doch die Angst ein. Existenzangst. Noch ist vieles zu regeln und zu klären. So werden Lieferungen storniert, Steuerstundungen beantragt und vieles mehr. „Die Schließung der Geschäfte zieht noch einen Rattenschwanz hinter sich her. Zum Beispiel unsere Lieferanten, die nachhaltige Mode produzieren, werden als nächstes in Schwierigkeiten kommen und ihre Produktion drosseln müssen oder gar einstellen. Die Folgen dieser Krise sind noch lange nicht absehbar“, ist sie überzeugt.

Das Potential, das Güstrow mit seinen kleinen Unternehmen zu bieten hat, ist groß. Die Menschen die dahinter stehen, versuchen ihre Zuversicht nicht zu verlieren. Darüber sind wir uns einig. Schade nur, dass aus dem Rathaus kein Signal kommt. Wie wohltuend wäre es doch, wenn jetzt die Lenker und Leiter dieser schönen Stadt, den vielen Betroffenen Mut zusprechen würden.

Frauke Naumann

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